Künstlerinnen. Wer seit den letzten zwei Jahren der Musik von Nora Steiner und Madlaina Pollina lauscht, der ahnt ja bereits, dass diese beiden Schweizerinnen Mitte zwanzig in Sachen Songwriting (…und Gesang! …und Charisma!) in der Champions League spielen. Steiner & Madlaina schreiben ihre Songtexte jeweils alleine, sind aber trotzdem schon seit ihrer Jugend eine kreative Einheit. Für das im Januar geplante Album haben sie viel über die Themen und Texte gesprochen und sich gegenseitig als höchste und einzige Instanz in Sachen Qualitätskontrolle ausgetauscht.
Instrumentierung. Steiner & Madlaina treten mit der ersten Single-Auskopplung gepflegt die Tür ein: „Wenn ich ein Junge wäre (Ich will nicht lächeln)“ ist nämlich nicht weniger als ein wütendes Statement, dass man(n) sich gerne zu Herzen nehmen darf, während man(n) herzlich eingeladen ist, bei dem „Ohohohoh“-Gröl-Chor im Refrain mitzusingen [Anmerkung des Redakteurs: Grüße an die Mecklenburger Band Larrikins]. Dieser großartige Ohrwurm wurde mit der Tourband live im Studio eingespielt und beginnt mit wuchtigen Drums und breitkreuzig klingenden Gitarren oder wie Madlaina es sehr treffend beschreibt: „Wenn Noras Gitarre reinplatzt, klingt das wie der erste Auftritt des Bösewichts in einer Comic-Verfilmung.“
Text. Unbehauen sind die Lyrics, die in diesem Fall von Nora stammen. „Der Song ist aus einer großen inneren Wut und Frustration entstanden, deswegen habe ich bewusst nicht drauf geachtet ihn sprachlich zu verschönern“, erklärt sie. Motiviert sind die Texte aus eigenen Erfahrungen bspw. ein Partybesucher, der sie im DJ-Set unterbrechen wollte, weil er meinte, sie könne das nicht oder auch selbst ernannte Feministen aus dem Bekanntenkreis, die dann jedoch der bühnenerfahrenen Nora erklären wollen, wie man eine Anlage anschließt. Diese Dudes waren es nämlich, die Nora in Laune brachten, diesen Song rauszuhauen. „Ich dulde das nicht mehr. Als Frau werde ich ständig von Männern belächelt, verbessert und weniger ernst genommen. Was soll das?“ Madlaina ergänzt:
Das Lied ist zwar trotzig und wütend, aber es soll jeden, der es hört, in erster Linie einladen, mal zu überlegen, wie weit man selbst Teil des Problems ist.
Bei dem Lied diskutierten die beiden lange darüber, wie es wirkt und ob es die richtigen Punkte trifft. Dazu Nora:
Ich hatte anfangs ein wenig Schiss, weil diese Debatte so viele Leute triggert, die dazu ihre feste Meinung haben und denken, sie sei die einzig richtige. Ich bin nicht gegen Männer und es ist ein schöner Trend, wenn sich viele von ihnen als Feministen bezeichnen – aber dazu gehört eben auch, dass man sich mit dem Thema und seinem eigenen Handeln nachhaltig beschäftigt.
Madlaina ergänzt, dass einige von diesen besagten Bekannten, den beiden mansplainen wollten, dass der Song ja nicht feministisch sein könne, weil sie ja sängen „Wenn ich ein Junge wäre …“ An dieser Stelle bitte einen Facepalm denken – und einfach nochmal diesen unfassbar guten Rocksong abspielen.
Titel: Wenn ich ein Junge wäre (Ich will nicht lächeln)
Künstlerinnen: Steiner & Madlaina
Album: Wünsch mir Glück (29.01.2021)
Label: Glitterhouse
PS: Sollte wer jetzt noch nicht empowert sein, da sei bspw, der Pixar-Kurzfilm Purl empfohlen, der gut illustriert was falsch läuft.
Die weiteren Titel unserer Heavy Rotation in der KW 40/2020
LOHROtation
Unsere akustische Präsentation aller fünf Titel der Heavy Rotation:
Toller Song, voller Kraft und Power