Das Instituto Mexicano del Sonido ehrt die Straße

Mexican Institute of Sound – Pa’ la calle

Das mexikanische Musikprojekt „Mexican Institute of Sound“ (span.: „Instituto Mexicano del Sonido“, Abk. demnach „MIS“ oder „IMS“) um Mastermind und DJ und Sänger Camilo Lara und seinen Mitmusiker Francisco Vazquez hat im November ihr fünftes Studio veröffentlicht, welches den Titel „Disco Popular“ trägt (ein Wortspiel: dies kann sowohl „Volksdisco“ als auch „beliebte Disco“ heißen).

Quelle: https://institutomexicanodelsonido.tv/photos-1/
Quelle: "https://institutomexicanodelsonido.tv/photos-1/"

Aus jener frischen LP speist sich unser neuer Titel der Woche: „Pa’ la calle“. Auch der Titel ist nicht eindeutig und lässt sich sowohl mit „Für die Straße“ als auch „Auf die Straße/zur Straße“ übersetzen, wobei letzteres wohl die wahrscheinlichere Möglichkeit ist.

Da natürlich Lara und Vazquez unmöglich zu zweit die ganze Arbeit eines schillernden Albums machen können, haben sie sich (wie auf den Alben zuvor) immer tatkräftige Unterstützung geholt – auf „Disco Popular“ sind Musiker wie Calexico, Toots Hibbert und Sly and Robbie zu hören und bei „Pa’ la calle“ auch die Rapperin und Reggaeton-Sängerin Lorna. Jenes aufgedrehte Plappermaul aus Panama ist in Europa vor allem für den anzüglichen Reggaeton-Chartbreakerhit „Papi Chulo … (te traigo el mmmm…)” (2003 in Frankreich auf Platz 1), mit dessen Titelnennung auch unser neuer Titel der Woche schließt.

Zwar lagen zur Verfassungszeit dieses Artikels die Lyrics von „Pa’ la calle“ nicht vor, aber erkennbar ist, dass textlich vor allem eine dialogische Situation erzählt wird, in der die Protagonistin ihre Liebe zum Ausgehen (eben der Straße) und Tanzen artikuliert und ihre Verzweiflung beim Zuhausebleiben deutlich wird. Dass sie dieses Ausgehen ohne Erlaubnis praktiziert, was der männliche Dialogpartner (gesungen von Camilo Lara) missbilligt, transportiert eine gewisse selbstbestimmt-feministische Haltung, denn bis heute ist der sogenannte „Machismo” (im Grunde eine zutiefst sexistische und patriarchale Ordnung) in vielen lateinamerikanischen Gesellschaften weit verbreitet. Wenngleich der spaßorientierte Aspekt als Tanzmusik und Tanzthema überwiegt, lässt sich hier auch zweifelsfrei gesellschaftskritisches Potential erkennen, wie es für das MIS typisch ist. So spielt seit jeher neben Humor, Spaß und Lebensfreude auch ein kritischer Umgang mit der mexikanischen Politik und Gesellschaft, den katastrophen Verhältnissen des vom Drogenkrieg und Korruption gebeutelten Landes in der Musik von Vazquez und Lara eine wichtige Rolle. Bezüglich des Titels der Woche wird dies auch deutlich, wenn man bedenkt, dass die Straße natürlich nicht nur ein Ort des Amüsements ist, sondern auch ein Ort der Kriminalität, der Drogenszene und der (Zwangs-)Prostitution – eine Deutung, die in „Pa’ la calle“, selbst wenn unausgesprochen, immer mitschwingt.

Musikalisch bewegt sich der Song in der typischen Melange des MIS von Electrobeats mit klassischen und moderneren lateinamerikanischen Genres wie Cumbia, Mambo, mexikanische Volksmusik von z.B. Mariachikapellen aber auch Reggaeton und vielen Weiteren. Durch die zahlreichen jamaikanischen Gastmusiker weist das Album auch viele karibische Einflüsse auf. Gesanglich sind meistens deutliche Hip-Hop und Rapeinflüsse erkennbar – in „Pa’ la calle“ natürlich besonders durch Lorna getragen.

Das Instituto Mexicano del Sonido ist mittlerweile eine der größten Bands Mexikos geworden und kulturell eine der tatsächlich wichtigsten „Institutionen” des Landes. Wie sie in Europa und Deutschland – besonders mit dem neuen Album – weiterhin ankommen werden, wird sich zeigen.

Titel: Pa’ la Calle
Interpret: Mexican Institute of Sound
Album: Disco Popular
Label: Yebo Music

Die weiteren Titel unserer Heavy Rotation in KW 51/17

Themenwoche: Liedtexte nicht in deutscher oder englischer Sprache

Wollt ihr zu den anderen Songs auch noch etwas wissen, habt aber unseren Sidekick am Montag verpasst? Kein Problem, hier isser nochmal zum Nachhören!

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