Mit der Boombox nach Westerland

LOLNEIN – Sylt

Alle wollen nach Sylt? Alles klar! „LOLNEIN“ liefert mit „Sylt“ den passenden Soundtrack für den Regio und damit auch unseren Titel der Woche.

Zeichnung: LOLNEIN

Wer die letzten Jahre in Rostock seine Jugend verbracht hat wird bemerkt haben, dass viele Orte, an denen man früher einfach herumlungern konnte, mittlerweile bebaut sind. Feiern an der Hafenkante? Gerne, aber bitte nicht die Leute in ihrer schicken neuen Eigentumswohnung mit Hafenblick stören. Auch in der KTV ist die Gentrifizierung im vollen Gange; der Charme der Vorstadt des Pöbels verkauft sich gut. Immerhin: Hier kommen wenigstens noch Menschen kommunikativ zusammen, und sei es durch Gebrüll runter vom Balkon und zurück.

Wer also eine ruhige Parallelgesellschaft gründen möchte, benötigt einen entfernten Ort und einen hohen Mietspiegel, der sich hält. Die Sylt-Bubble – nur über einen Bahndamm vom Festland aus erreichbar – hatte und hat dafür die idealen Voraussetzungen. Schon „Die Ärzte“ sangen 1988 in ihrem Titel „Westerland“ die Zeile:

„Es ist zwar etwas teurer, dafür ist man unter sich.“

Ihr vorläufiges Abschiedskonzert fand dann konsequent auch eben dort statt und sorgte für eine „Punkerinvasion auf Westerland“.

Über 34 Jahre später wird die Generation wohl etwas durchgewechselt haben. Die Voraussetzungen für einen Besuch jedoch sind aktuell bestens: Mit dem 9-Euro-Ticket darf zwar nicht im Fernverkehr gefahren werden (das wäre ja noch schöner), aber für den Regio reicht es. Es braucht also nur noch die passende Hymne für den Kollektivbesuch. Wir empfehlen wärmstens: „Sylt“ von „LOLNEIN“.

LOLNEIN ist ein Projekt von Vincent Kunert, 29 Jahre und aus Berlin. Er beschreibt seine Werke als „elektronische Musik mit komischen Texten“. Seine zumeist in englischer Sprache verfassten Songs handeln von Shampooflaschen, die einem beim Duschen auf die Füße fallen wollen, Klapphandys, die sich Smartphones überlegen fühlen, oder rachsüchtigen Windows-Rechnern, die sich immer zu den unpassendsten Zeiten das letzte Update ziehen wollen. Mit „Sylt“ hat er seinen ersten Titel in deutscher Sprache veröffentlicht. Dabei ist alles in Eigenregie entstanden: Text, Vocals, Beats, bis hin zu den Zeichnungen für das Musikvideo. Auf seiner Webseite findet sich zudem auch eine beachtliche Sammlung markant gezeichneter Comics.

Dass sich jedes präpubertäre Kiddie mittlerweile ein mobiles Akkusoundsystem aus der Hölle vom Typ „Der Bass inhaliert Katze und schafft 10 Stunden“ leisten kann, mag so einige Nachteile mit sich bringen. Andererseits kommt der Titel der Woche darauf am besten zu Geltung. Unterwegs, im Suff und ungefragt Frei Haus direkt aus dem Regio auf die Insel gekotzt. Gute Reise!

Titel: Sylt
Interpret: LOLNEIN
Label: Lolnein Music

Die weiteren Titel unserer Heavy Rotation in der KW 23/22

LOHROtation

Den Beitrag zu allen fünf Songs der LOHROtation könnt ihr in der LOHRO-Mediathek nachhören.

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