Die Kapelle
Die aus Rostock stammende Kapelle Coogans Bluff (im Folgenden korrekt feingeslängt Bluffers genannt), gelten bei Connaiseusen und Connaiseurs als die vielleicht spannenste Kapelle aus unserer Hansestadt, wenngleich ein Großteil der Mitglieders mittlerweile in anderen Städten der Republik ihr Leben lebt. Verbundenheit mit Rostock zeigen die fünf Boys nach wie vor mit regelmäßigen Konzerten in ihrer (ehemaligen) Heimatstadt.
Die Mischung der Musik der bereits 2003 gegründeten Band ist ausgesprochen vielfältig, lässt sich aber vereinfacht mit soulig-bluesig, krautrock-affin und mit ausgeprägtem jazzigen Feeling in ihrem Psychedelicrock beschreiben. Dies ist vor allem dem Bruch 2012 in der Bandvita geschuldet, im Zuge welchen der ehemalige Sänger Thilo Streubel die Kapelle verließ (Basser Clemens Marasus übernahm den Job) und Max Thum (Sax) sowie Stefan Meinking (Posaune) feste Bühnenmenschen bei den Bluffers wurden und mit ihren Aerophonen den Kapellenklang nachhaltig beeinflussten. Dennoch: Kategorien sind den Bluffers nicht so wichtig und das nehmen sie auch in ihren Pressedarstellungen selbstironisch und mit offensichtlicher Freude am Schabernack auch so auf… Egal ob das nun Heimatstadt, das Genre der Band betrifft, oder die Zählweise ihrer Releases – wonach das neue Album „Metronopolis“ irgendwo von Nummer fünf bis sieben in der Diskographie rangiert…
Das Album
Metronopolis ist, wie die Referenz an den Tempoangeber erahnen lässt, ein Longplayer, der den musikalischen Tempi eine gewisse Bedeutung einräumt. So sind alle Beats-Per-Minute-Angaben der Songs, z.B. mit auf der CD angegeben. Diese Schwanken (mitunter pro Song) in einer sehr weiten Differenz von über 180 BPM auf der LP.
Die Songs des Albums mit schönen Dynamikwechseln lassen mal an Pink Floyd denken, mal an Captain Beefheart & Frank Zappa, mal an Hendrix, dann mitunter fast an das legendäre Jazzalbum „The Individualism of Gil Evans„, Rock mit Countryeinflüssen, die an Neil Young oder Bruce Springsteen denken lassen und Soul aus den 70ern – kurzum (wenn man schon so viel bemühen muss): die Bluffers klingen tatsächlich höchst individuell und tiegeln auf Metronopolis vieles zusammen. Will man noch am ehesten einen zusammenfassenden Vergleich wagen, so könnte man den Namen der norwegischen Kapelle Motorpsycho in den Raum geben.
Definitiv lässt das Musikgemisch von Coogans Bluff Gefühle an vergangene Musikepochen aufkommen, doch gibt es genauso viele Momente, wo die Musik modern – oder gar ganz zeitlos wirkt. Das ist nicht zuletzt der durchgängigen Melodizität des Werks geschuldet. Die Band betitelt einige Lieder des Albums selbst als Popsongs (in ihrem Sinne wohl). Doch freilich gibt es auch zur Genüge härtere Gitarrenriffs, verschrobene unisono Sechzehntelläufe, Soli, Bläserkulissen, verträumte Gesangspassagen. Technisch liefern hier Coogans Bluff definitv auf höchstem Niveau ab. Im Großen und Ganzen jedoch, überwiegt der Eindruck eines songbasierten, ausgetüftelten und eingängigen Opus, ohne leeren Virtuosen-Selbstzweck. Auch entgegen des Progressive-Rock-Klischees finden sich nur zwei wirklich längere Titel (über 7 Minuten) auf dem acht Song starken Album.
Die Single
Schlicht haben die Bluffers den Albumopener als erste Single vorab rausgeballert. „Gadfly“ heißt sie, unserer Titel der Woche. Mit 265 BPM fast der schnellste Song auf dem Album. Bemerkenswert ist das flirrende Zusammenspiel von Altsaxophon und Gitarre im Intro. Die Hektik des Stücks findet sich konträr in dem sehnenden Gesang und dem zweiten Teil des Songs, welcher plötzlich Mellotron und verhallt-spacigem Saxophon Raum gibt. In drei einhalb Minuten wird hier mehr Stilistik aufgefahren, als manche Artists bemüht sind in einen ganzen LP-Reigen zu investieren. Zweifellos ist „Gadfly“ ein fulminanter und doch sphärischer Auftakt zum Album und daher auch von uns geadelt.
Inwiefern der Song (dessen Titel „Bremse“ übersetzt lautet, also nicht das Entschleunigungsteil in Fahrzeugen, sondern Tiere der Familie Tabanidae) etwas mit der (im englischen) gleichnamigen Suite (Musik für eine Romanverfilmung), Opus 97a, vom sowjetischen Komponisten Dimitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch, insbesondere dessen sechster Satz „Galopp„, zu tun hat, bleibt spekulativ…
Titel: Gadfly
Interpret: Coogans Bluff
Album: Metronopolis (VÖ: 24.01.2020)
Label: Noisolution
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