„Nylon-Punk, Alter!“, lautet die Ansage, wenn es um die Musik von Acht Eimer Hühnerherzen geht. Nein, hier geht es weder um Strümpfe noch um Seile, sondern um die Besaitung von Gitarren. Die Band setzt auf Nylonsaiten und ihren wunderbar tiefen Sound. Die bedeutend heller klingende Westerngitarre wird verachtet.
Doch wer verbirgt sich hinter dem durchaus witzigen, jedoch für Vegetarier und Veganer kaum zu ertragenen Bandnamen? Da wäre zunächst einmal Sängerin Apocalypse Vega zu nennen, eine Berliner Jöre durch und durch. Hinzu gesellt sich kein Geringerer als Sen Bottrop, der in den bekannten Kreuzberger Kapellen Terrorgruppe und The Bottrops Gitarre spielt und bei den Hühnerherzen in erster Linie den Bass übernimmt. Fehlt noch Drummer Bene Diktator, den vielleicht einige von Huck Blues kennen und der sich selbst für den Bandchef hält. Die beiden Anderen lassen ihn in dem Glauben.
Ihren allerersten Auftritt hatten die Hühnerherzen im November 2016 auf dem Ornalyzer Fest im Neuköllner Klunkerkranich. Danach dauerte es noch gut ein Jahr, bis sie freudigst verkünden durften, dass mit Destiny Records und Rookie Records zwei Labels gefunden wurden, die in Kooperation ihren Erstling unters Volk bringen wollen und werden. Das selbstbetitelte Album ließ dann auch gar nicht mehr lange auf sich warten und hat am 23. März das Licht der Welt erblickt. Der Release wurde übrigens im benachbarten Friedrichshain gefeiert, genauer in der Kneipe Abstand, die sich in der von Gentrifizierung bedrohten Rigaer Straße befindet.
Der Song „Eisenhüttenstadt“ nimmt direkt Fahrt auf, so wie der stark ramponierte Golf im dazugehörigen Video. Auf dem Dach der Schüssel hat es sich Frau Vega so bequem wie möglich gemacht und lässt sich durch die brandenburgische Provinz kutschieren. Dabei trällert sie vor allem von Orten, wo sie noch nicht war. Ganz klar, diese junge Frau muss nicht in die Ferne schweifen, um glücklich zu sein. Und schon gar nicht braucht sie einen Typen, der permanent mit seinen bereits bereisten Ländern prahlt. Dann fährt sie doch lieber in das titelgebende und 94,2 Kilometer entfernte Eisenhüttenstadt oder alternativ nach Falkensee, Rathenow oder Neuruppin. Das musikalische Ergebnis klingt unbekümmert, unverbraucht, unverwechselbar – ach einfach unglaublich gut.
Titel: Eisenhüttenstadt
Interpret: Acht Eimer Hühnerherzen
Album: s/t
https://www.youtube.com/watch?v=tHp1KXMDhaI
Die weiteren Titel unserer LOHROtation in KW 13/18
- Odd Couple – Yada Yada
- Durand Jones & The Indications – Smile
- Muse – Thought Contagion
- Pip Blom – I Think I’m In Love
Keine Lust auf’s Lesen? Dann gibt’s hier alles Wichtige zu allen fünf Titeln kompakt und in Audio: